Arbeit an Erkners kulturellem Profil
Erkner (MOZ) Mit zwei ganz unterschiedlichen Veranstaltungen – einem Wissenschaftler-Vortrag und einer Autorenlesung – haben Erkneraner am Wochenende das Profil der Gerhart-Hauptmann-Stadt um neue Facetten erweitert.
„Es war ein Anliegen der Stadtverordneten-Versammlung, dass dieser Abend stattfindet“, sagte Stefan Rohlfs, der Leiter des Hauptmann-Museums, als er am Freitagabend Professor Peter Sprengel von der Freien Universität begrüßte. Allerdings waren nur vier Stadtverordnete, aber insgesamt immerhin um die 20 Bürger erschienen, die hören wollten, was der Gerhart-Hauptmann-Experte zum Thema „Hauptmann und die Politik“ zu sagen hatte. Der Aspekt, der den meisten besonders auf der Seele lag, wurde von Sprengel allerdings nur gestreift, Hauptmanns Verhältnis zum Nationalsozialismus. In Sprengels nuancierter Darstellung von Hauptmanns politischem Lebenslauf wurde freilich einmal mehr deutlich, wie sich der Dichter des Sozialdramas über den schlesischen Weber-Aufstand zum nationalistisch-großdeutschen Redner auf Bühnen im Sudetenland und in Österreich wandelte. Detailliert schilderte Sprengel die zahlreichen Widersprüche und teils gegensätzlichen Wirkkräfte in Hauptmanns Denken. Seine Darstellung endete freilich just mit dem Ende der Weimarer Republik und ließ den „Bruch“ aus, wie Gerhard Ziebarth in der ersten Nachfrage sogleich kritisch anmerkte.
Sprengel ließ im Gespräch durchblicken, dass für die Fachwelt Hauptmanns Verhältnis zum Nationalsozialismus im wesentlichen erforscht ist. Hauptmann soll Hitler einmal gar als „Weltgenie“ bezeichnet und ihm die Hand gegeben haben, habe aber die Verfolgung der Juden abgelehnt und sich über die Rassenpolitik lustig gemacht.
Ganz anders gelagert und mit weitestgehend anderem Publikum war der Auftakt der Reihe „Literatur im Rathaus“, zu der der Verein 425 Kultur Erkner am Sonnabendnachmittag einlud. Rund 30 Bürger waren in den Bürgersaal des Rathauses gekommen, um eine Mischung aus Lyrik und Prosa, durchsetzt vom Querflötenspiel von Antje Roske, zu hören. Die Idee dazu hatte Horst Miethe gehabt, selbst lange Zeit Vorsitzender des Kulturvereins und gleichzeitig Moderator sowie Akteur der Lesung. Der Sozialwissenschaftler las autobiografische Prosa, mit eingestreuten Reimen. Ganz der Prosa widmete sich Michael Kromarek, der – selbst auch Maler – eine hintergründige Künstler-Kriminalgeschichte vortrug. Tabea Vahlenkamp und Regina Fischer lasen aus ihren Gedichten – teils Natur-, teils Gedankenlyrik.
Die Gäste folgten der 90-minütigen Lesung konzentriert und mit dem einen oder anderen Applaus. Charlotte Thiele aus Berlin, die in Storkow ein Grundstück hat und Erkner nur vom Durchfahren kennt, äußerte sich ebenso anerkennend wie Danilo Hommel, der mit seiner Frau seit drei Jahren in Erkner lebt. „Was soll man da am Wochenende zu Kulturveranstaltungen noch nach Berlin fahren, wenn man das auch hier hat?“, sagte er.